Neue Bäume für die Kaiserstraße

Am 20.12.2022 haben wir GRÜNE im Gemeinderat eine Entscheidung getroffen, die für viel Diskussion gesorgt hat und im ersten Moment für einige unserer Wähler*innen unverständlich wirkt: Das stufenweise Fällen der bestehenden Straßenbäume in der Kaiserstraße. Warum wir diesen schweren Schritt gegangen sind und warum es sich besonders bei Fragen von Klimaschutz und Klimaanpassung lohnt, Planungen und Entscheidungsprozesse im Detail zu verfolgen, haben wir in unserer Stellungnahme zur Petition des Karlsruher Klimabündnisses zusammengefasst:

Auch wir Stadträt*innen der grünen Gemeinderatsfraktion können die Wünsche und Forderungen vieler Bürger*innen für den Erhalt der vertrauten Platanen in der Kaiserstraße sehr gut nachvollziehen. Auch wir bedauern es sehr, dass diese großen Bäume bei der Neugestaltung des Straßenraums entfernt werden müssen. Als Stadträt*innen sind wir verpflichtet, viele Aspekte miteinander abzuwägen und verantwortlich mit den städtischen Ressourcen umzugehen. Wir haben die aus unserer Sicht wesentlichen Aspekte für unsere Entscheidung in einem Frage-Antwort-Dokument auf unserer Webseite ausführlich dargestellt.

Wir appellieren an diejenigen, die sich in diesen Wochen für den Erhalt der Platanen einsetzen, sich mit dem gesamten Sachverhalt zu befassen. Aus unserer Sicht wurde fachgerecht geplant und die Planung wurde im Laufe der Jahre auch mehrmals angepasst. Wir weisen energisch zurück, dass wir – oder städtische Ämter – aus geistiger Trägheit an einer veralteten Planung festhalten. Bei der Gemeinderatssitzung am 20. Dezember 2022 hat unsere Fraktion dementsprechend einhellig dafür gestimmt, die bestehende Planung für den ersten Bauabschnitt umzusetzen. Ergänzend hatten wir beantragt, außer den Zürgelbäumen auch weitere Zukunftsbaumarten in der Kaiserstraße zu pflanzen, um das Risiko eines Totalausfalls durch Schädlinge und Krankheiten zu minimieren, und möglichst weitere Baumstandorte zu ermitteln. Diesem Vorschlag wird die Stadtverwaltung folgen. Unabhängig von der aktuellen Entscheidung über die Bäume in der Kaiserstraße werden wir weiterhin dazu beitragen, dass in der gesamten Stadt die Anstrengungen für viele neue Bäume, Fassadenbegrünung und klimaschonendes Verhalten intensiviert werden.

Zu den von Ihnen aufgeführten Argumenten gehen wir im Folgenden einzeln ein.

In der Kaiserstraße wurden in den Jahren der Tunnelbauarbeiten alle Tiefbauarbeiten, bei denen dies vertretbar war, aufgeschoben. Diese sollten nach dem Ende des Straßenbahnverkehres mit der seit 2014 geplanten Umgestaltung vorgenommen werden und dann wieder für Jahrzehnte vorhalten. Die komplette Leitungsstruktur im Untergrund ist weit überfällig und muss ersetzt werden. Diese umfangreichen Arbeiten werden auch im Wurzelbereich der bestehenden Bäume durchgeführt. Im Hauptausschuss am 6. Dezember wurde von Sascha Jillich, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Baumpflege, plausibel dargestellt, dass solch umfassende Arbeiten die Wurzeln der Bäume in jedem Fall beschädigen und ihre Lebensdauer erheblich verkürzen werden. In der Petition wird unter 4.) ohne weitere Begründung behauptet, es sei „selbstverständlich“ möglich, die Baumaßnahmen so zu planen und durchzuführen, dass die Platanen erhalten werden können. Dies erschließt sich uns nicht und dem wird auch in der Stellungnahme zum Änderungsantrag der Linken durch die Stadtverwaltung deutlich widersprochen.

Vor diesem Hintergrund erscheint es uns sinnvoll, jetzt für die Zukunft neue Bäume zu pflanzen, die durch gute Standort-Bedingungen wie große Pflanzgruben und ein Bewässerungssystem das Mikroklima der Kaiserstraße langfristig, also für viele Jahrzehnte, verbesseren können. Die Bewässerung wird nur für rund fünf Jahre erforderlich sein, weil dann die Wurzeln der neuen Bäume das Grundwasser erreichen können. Bei extremer Trockenheit kann das System zudem auch wieder genutzt werden. Wenn einzelne Platanen (die in einer anderen Achse stehen als die neuen Bäume) jetzt belassen würden, müssten sie mittelfristig ausgerechnet dann ersetzt werden, wenn Hitze und Trockenheit noch mehr zugenommen haben und der Bedarf für Klimaanpassungsmaßnahmen noch dringlicher geworden ist. Zudem würde dies dann auf der Kaiserstraße immer wieder zu Baustellen, Behinderungen und Flickstellen führen. Dies würde auch dem Wunsch der Stadtgesellschaft nach Beendigung der Baumaßnahmen nach so vielen Jahren entgegenstehen.

Die von Ihnen unter 1.) und 2.) benannten Aspekte Massaria-Pilz und Schiefwuchs sind für sich genommen selbstverständlich keine ausreichenden Gründe für eine Fällung.

Zu 3.) Es werden bis zum Abschluss der Umgestaltung der Kaiserstraße mindestens 86 neue Bäume in einer durchgehenden doppelten Reihe gepflanzt werden. Zürgelbäume sind in ausgewachsenem Zustand mit bis zu 20 Metern Höhe ähnlich groß wie die Platanen heute. Zunächst werden die neuen Bäume mit sieben bis acht Metern deutlich kleiner sein als die vorhandenen Platanen, also weniger Schatten werfen und weniger Verdunstungskälte erzeugen. Das wirkt sich in der Kaiserstraße nur an den sechs Kreuzungen mit anderen Straßen aus, wo bisher Platanen stehen. In den dazwischen liegenden Bereichen, wo es bisher gar keine Bäume gibt, wird mehr Schatten sein. Für die Klimapassung, also für Verbesserung des Mikroklimas und Abkühlung in Karlsruhe, setzen wir Grüne uns seit vielen Jahren für mehr Bäume im gesamten Stadtgebiet ein.

Dagegen hängt die Klimawirkung einzelner Bäume im Sinn der CO2-Speicherung von vielen Faktoren ab. Sie wird in der Literatur in einer Größenordnung von 10 bis 100 Kilogramm CO2 / Jahr für ausgewachsene Bäume angegeben. Eine Person in Deutschland erzeugt im Durchschnitt 8 Tonnen CO2 / Jahr. Es sind also zwischen 80 und 800 Bäume – und damit deutlich mehr als alle derzeitigen Bäume in der Kaiserstraße zusammen – nötig, um den CO2-Verbrauch eines einzigen (!) Menschen auszugleichen. Beim Klimaschutz zeigt sich deshalb deutlich, dass durch individuelle Verhaltensänderungen der Lebensstile sowie andere Projekte und Planungen der Stadt sehr viel größere Auswirkungen auf das Klima bewirkt werden können, als dies durch einzelne Bäume möglich ist. Wir bitten alle, die sich für den Erhalt der Platanen einsetzen, diesen Aspekt besonders zu berücksichtigen. Klimarelevant sind vor allem große, zusammenhängende Waldflächen, global aber auch bei uns. Und hier sind in den letzten beiden Monaten in den Karlsruher Wäldern rund 2.000 zusätzliche Bäume gepflanzt worden.

Zu 5) Im öffentlichen Hauptausschuss (siehe ab Folie 5 in der Präsentation) wurde eindrücklich aufgezeigt, dass Starkregenereignisse schon heute, aber besonders in Zukunft eine große Herausforderung für die Karlsruher Innenstadt darstellen werden. Die vorgelegte Planung liefert hierfür ein aus unserer Sicht fachgerechtes Vorgehen, um im Sinne der Klimaanpassung bestmöglich für künftige Wetterphänomene dieser Art gerüstet zu sein.

Zu 6) Mehrkosten bei Umplanungen und Zeitverzögerungen: Selbstverständlich führt jede Umplanung zu weiteren Kosten für die Arbeit und angesichts der aktuell zweistelligen Inflation und eher höheren Bau- und Materialkostensteigerungen werden Arbeiten, die später beauftragt werden, deutlich teurer als die Ergebnisse der bereits erfolgten Ausschreibung für den ersten Bauabschnitt. Die Stadt erhält im Rahmen zweier Sanierungsprojekte für die Innenstadt bis zu 60% Bundes- und Landesförderung für den Umbau der Kaiserstraße, für den hohe zweistellige Millionenbeträge nötig sein werden. Wenn diese Förderung nicht im vorgesehenen Zeitrahmen abgerufen wird, besteht für viele Jahre eine Fördersperre für solche Maßnahmen. Auch, wenn dies bisher nicht beziffert wurde, ist unbestreitbar, dass es durch Um- oder Neuplanungen zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen und dadurch zu hohen Mehrkosten kommen würde. Der erste Bauabschnitt für die Umgestaltung der Kaiserstraße wurde bereits ausgeschrieben. Dieser Ausschreibungsbeschluss wurde im vorigen Oktober in mehreren gemeinderätlichen Gremien vorgestellt und mit breiter Mehrheit beschlossen. Es ist jetzt tatsächlich zu spät, dies komplett neu aufzurollen.

Wir respektieren, wenn Kritiker*innen dem Ergebnis unserer Abwägung nicht zustimmen und die komplexen Umstände anders gewichten. Wir verwahren uns jedoch dagegen, den jeweils anders Denkenden „Scheinargumente“ zu unterstellen.

Zum guten Schluss: Selbstverständlich haben für uns Grüne die Themen Klima- und Umweltschutz die höchste Priorität bei unserem politischen Engagement. Wir setzen uns daher in unserer gemeinderätlichen Arbeit unter anderem dafür ein, dass

  • es für die Innenstadt eine Grünsatzung gibt,
  • bei Innenverdichtungen ein ökologischer Mehrwert entsteht,
  • Freiflächen im Außenbereich nicht bebaut werden,
  • der Forst nach nachhaltigen Kriterien arbeitet, und
  • die Mittel für Klimaschutz nicht gekürzt werden.

Wir bitten diejenigen, die sich in Karlsruhe für Klima- und Umweltschutz stark machen, weiterhin um politische Unterstützung für diese Anliegen.

Skip to content